Meine 5 Geschwister und ich waren noch winzig klein, als wir Mitte Dezember letzten Jahres zusammen mit unserer Mama einfach so auf einem Feld in Rumänien ausgesetzt wurden. Glücklicherweise hat uns Madalina, eine ganz liebe Tierschutzfreundin vom Freundeskreis gefunden und mit zu sich nach Hause genommen. Madalina kümmert sich um ganz viele Straßenhunde, die bei ihr auf dem Grundstück untergebracht sind. Und auch um uns hat sie sich so liebevoll und toll gekümmert, dass wir es tatsächlich alle geschafft haben zu überleben und richtige Wonneproppen geworden sind. Viel dazu beigetragen hat, dass wir Hunde vom Freundeskreis werden durften und ganz liebe Spender für unser Futter und unsere Starter-Pakete sorgten. Wir waren zwar alle ein wenig schüchtern, weil unsere Mama Felicitas auch eher eine Schüchterne ist, aber Madalina und der Freundeskreis waren sich Ende März einig, dass wir dringend ein schönes Zuhause brauchen, damit wir mehr Zuwendung bekommen und uns besser an die Menschen gewöhnen. Bei Madalina ist durch die vielen Hunde halt doch für jeden einzelnen Hund nur wenig Zeit.
Zusammen mit meinem Bruder Gimli wurde ich jedenfalls Anfang April in den Reisebus gesetzt. Was sie nicht wussten ist, dass mein Bruder und ich mit Veränderungen jeder Art damals überhaupt nicht zurechtkamen, was dazu führte, dass wir beide am Ankunftsort auf gar keinen Fall aussteigen wollten. Ich habe mich mit allem gewehrt, was mir zur Verfügung stand, habe geschrien, geknurrt, gebellt, die Zähne gefletscht und wie wild um mich gebissen. Die Fahrer vom Reisebus haben lange versucht, uns aus der Box zu holen und unseren Abholern zu übergeben. Irgendwann haben sie aber eingesehen, dass sie es nicht schaffen. Mich hat dann Heike vom Freundeskreis aus der Box geholt und Gimli wurde von seiner neuen Familie „überredet“. Für beide ging das nicht völlig ohne Schrammen ab, aber zu meiner Entschuldigung muss ich sagen, dass ich in heilloser Panik war.
Heike ist dann mit mir zu der Pflegestelle gefahren, bei der ich aufgenommen werden sollte. Es war schon spät am Abend, und sie hat meine offene Transportbox dort in einem Zimmer in ein spezielles Welpengehege gestellt. Aber dann hat sie es nicht übers Herz gebracht, mich allein zu lassen. Obwohl sie todmüde war, hat sie es sich mit einer Decke im anderen Eck von meinem Welpengehege bequem gemacht, hat so getan als ob sie ein Buch lesen würde und hat mich überhaupt nicht beachtet. Es wurde für uns beide eine sehr lange Nacht. „So ganz nebenbei“ hat sie mir immer einmal wieder ein Futterbröckchen hingeworfen, wobei sie darauf geachtet hat, dass die Bröckchen von Stunde zu Stunde immer ein wenig näher bei ihr gelandet sind. In den frühen Morgenstunden war ich dann aber sogar soweit, dass sie nur mit dem Zeigefinger auf den Boden tippen konnte, einen Futterbrocken platzieren und ich habe das Bröckchen direkt bei ihr genommen. Das Eis zwischen uns war gebrochen. So eine gemeinsam durchwachte Nacht schweißt zusammen. Aus diesem Grund hat Heike am Morgen auch entschieden, dass ich nicht auf der ursprünglich geplanten Pflegestelle bleiben soll. Sie hat mich wieder in ihr Auto geladen und hat mich mit zu sich nach Hause genommen, um ab da selbst mein Pflegefrauchen zu sein.
Bei Heike habe ich dann Schritt für Schritt gelernt, ein fröhlicher Hund zu sein. Sie hat mich von Anfang an auch immer ganz liebevoll FUNNY genannt, weil sie fest daran geglaubt hat, dass ich einmal ein ganz toller Hund werden würde. Und ich habe sehr schnell gelernt. Viel habe ich mir auch von Momo, dem Hund von Heike abgeschaut, dem ich von Anfang an mehr vertraut habe als jedem Menschen. Fremden Menschen gegenüber war ich zwar immer noch misstrauisch, war sonst aber „aufgeblüht“, unternehmungslustig und fand mein Leben toll.
Nach einem Monat hat Heike beschlossen, dass ich bereit für mein richtiges Zuhause wäre, weil sie wusste, wenn sie mich noch länger bei sich behält, würde sie mich nicht mehr hergeben können. Sie hat sich so viele Gedanken gemacht, wie das richtige Zuhause für mich aussehen sollte. Auf jeden Fall sollte ein stabiler Zweithund da sein, an dem ich mich orientieren kann, es sollte ein ruhiger Haushalt ohne Kleinkinder und ohne viel Trubel sein. So hat sie sich das gedacht … gekommen ist es dann aber ganz anders, denn Barbara und Hubi haben sich auf Anhieb in mich verliebt und waren bereit alles zu tun, damit ich mich bei ihnen wohlfühle. Kein Zweithund, kein ruhiger Haushalt, zwar keine Kleinkinder, aber dafür jede Menge Trubel. Da stimmte wirklich keine der Voraussetzungen, aber Heikes „Bauchgefühl“ sagte ihr, dass diese Menschen, die sich von meiner „Vorgeschichte“ nicht abschrecken ließen, vielleicht doch die richtigen für mich sein könnten.
Die Prinzessin vom Kammererhof
Es war ein tränenreicher Abschied, als Heike mich bei Barbara und Hubi in die Transportbox setzte und die beiden mit mir losfuhren. Bei ihnen zuhause angekommen lief es wie erwartet: Ich wollte wieder keinesfalls aus meiner Box aussteigen! Hubi hat sich dann einen Campingstuhl geholt, hat die Heckklappe des Autos und meine Box geöffnet und hat es sich mit einem Kaffee und einem Buch hinter dem Auto bequem gemacht. 4 Stunden hat er dort gesessen, bis ich mich dazu durchringen konnte, der Sache eine Chance zu geben. In den Tagen danach haben sich die beiden Stück für Stück mein Vertrauen "erarbeitet". Mit Barbara hat das schneller geklappt, bei Hubi - Männer mochte ich gar nicht - hat es fast 4 Monate gedauert, bis ich zum ersten Mal mit ihm Gassi ging und ihm wirklich vertraute. Aber die beiden haben nie die Geduld mit mir verloren, weil sie einfach wussten, dass wir drei zusammengehören.
Und heute? Heute lebe ich zusammen mit meiner neuen Mama Barbara und meinem neuen Papa Hubi auf dem idyllischen Kammererhof in Triberg im Schwarzwald. Bei uns ist es so wunderschön, das glaubt ihr gar nicht. Wie meine Mama bin ich die Chefin hier auf dem Hof. Na ja, mein Papa Hubi ist auch irgendwie Chef. Ich habe jeden Tag viel zu tun. Mit Hubi gehe ich 3 - 4 Mal am Tag laufen und rennen, helfe beiden, bei den Hühnern die Eier einzusammeln, die Rinder zu füttern, Holz zu machen, leiste Mama Gesellschaft bei den Büroarbeiten und bin ganz vorne mit dabei, wenn es gilt, alles für eine Party vorzubereiten. Bei uns auf dem Kammererhof finden nämlich ganz viele Feierlichkeiten statt. Die Leute feiern bei uns ihre Hochzeit oder ihren Geburtstag oder Firmen feiern bei uns. Da sind dann manchmal 100 Gäste hier auf dem Hof, und ich, die schüchterne Maus, die sich nicht aus ihrer Box traute, bin mittendrin, bezaubere alle Gäste und feiere mit ihnen.
Ich habe auch schon viele Hundefreunde kennengelernt, besonders mag ich meinen großen Hundefreund Max. Auch Kinder mag ich sehr gerne und natürlich alle Tiere, die bei uns auf dem Hof oder auf den umliegenden Weiden leben. Weil ich so beschäftigt bin, muss ich natürlich auch besonders gut essen. Und das Essen für Mensch und Hund ist bei uns einfach sensationell. Leider nur einmal in der Woche steht für mich Rinderlende mit Reis und Gemüse auf der Speisekarte, aber ich mag auch sehr gerne Hühnerbrust natur mit Gemüse und Kartoffeln oder Pferdefleisch mit allem, was sie mir dazu anbieten. An manchen Tagen muss es schnell gehen, dann muss auch mal eine Dose Hundefutter genügen. Aber ich passe schon auf, dass sie das nicht zur Gewohnheit werden lassen. Äpfelchen frisch vom Baum klaue ich mir selbst.
Ich liebe es, mit Mama Cabrio zu fahren oder mit Hubi im Jeep mitzufahren. Ich liebe es zu rennen, zu spielen, zu schlafen, zu schmusen, Holz zu zerbeißen und ich liebe meinen großen Freund Max. Mehr brauche ich nicht im Leben. Mama sagt, ich wäre sooooo schön und kuschelig. Und ich hätte hier bei uns auf dem Hof alle fest im Griff, ich wäre ja schließlich die Prinzessin.